
Das FIFF hat im September die Mostra di Venezia besucht und am Workshop Final Cut in Venice teilgenommen. Zum zweiten Mal in Folge wurde das Freiburger Festival durch Fabienne Menétrey, Mitglied der Auswahlkommission und Verantwortliche der Kulturvermittlung, vertreten. Sie erklärt uns, was das Ziel von Final Cut in Venice ist und berichtet von der Ausgabe 2022.
Worum geht es bei Final Cut in Venice?
FM: Final Cut in Venice ist ein Projekt zur Förderung der Postproduktion von Filmen. Die Bewerber:innen müssen zwei Bedingungen erfüllen: Die Spiel- oder Dokumentarfilme befinden sich in der Postproduktionsphase und die Filmschaffenden stammen aus Ländern des afrikanischen Kontinents oder aus Jordanien, dem Libanon, Palästina oder Syrien.
Welche Art von Unterstützung bietet Final Cut in Venice?
FM: Fünfzehn Partnerinstitutionen bieten verschiedene Unterstützungen an. Ihr Ziel ist es, die Fertigstellung der ausgewählten Filme konkret zu unterstützen, sei es in Form von Geld oder Leistungen – beispielsweise die Finanzierung der Untertitelung oder die Promotionsförderung. Das FIFF finanziert die Produktionskosten eines DCP bzw. der digitalen Datei, die im Kino zur Filmvorführung eingesetzt wird (Anm.d.Red.: eine verschlüsselte und sehr grosse Datei).
Indirekt ist die blosse Tatsache, ihre Arbeit im Rahmen eines der wichtigsten Festivals der Welt zeigen zu können, ein grossartiges Sprungbrett für die teilnehmenden Filmschaffenden. Vor Ort werden enorm viele Kontakte geknüpft.
Wie wichtig ist die Teilnahme für das FIFF?
FM: Initiativen wie Final Cut in Venice ermöglichen es, die Entwicklung, die Produktion und die Diffusion von Filmen aus Ländern ausserhalb Europas und Nordamerikas konkret zu fördern. Dies ist eine der Missionen, die das FIFF seit seiner Gründung verfolgt.
Wie sind die Tage in Venedig organisiert?
FM: Zunächst werden die Projekte visioniert, dieses Jahr waren es acht. Die Filmschaffenden, Produzent:innen präsentieren 60 Minuten ihres Films. Nach jeder Vorführung folgt eine Frage- und Antwortrunde. Die acht Projektionen nehmen zwei Tage in Anspruch. Danach folgt ein Tag des Austauschs mit den Teams und die Beratung. Am Abend des dritten Tages endet Final Cut in Venice mit der Preisverleihung.
Welchen Film hast du ausgewählt, der im Namen des FIFF unterstützt werden soll?
FM: Ich habe Inshallah Wallad (Inshallah a boy) ausgewählt, der erste Spielfilm des jordanischen Regisseurs Amjad Al Rasheed.
Der Film erzählt die Geschichte von Nawal – wunderbar gespielt von Mouna Hawa –, die plötzlich ihren Ehemann verliert. Nach seinem Tod hat sie mit Schwierigkeiten zu kämpfen: Gemäss Erbrecht geht ihr Besitz und ihr Haus an die Familie ihres verstorbenen Mannes über, da sie keinen Sohn hat.
Die Produzentin Rula Nasser hat übrigens auch den Film Amira koproduziert, der dieses Jahr am FIFF den Preis der Jugendjury Comundo gewonnen hat.
Wird das Freiburger Publikum Inshallah Wallad am FIFF sehen?
FM: Die meisten Filmprojekte, die im Rahmen von Final Cut in Venice vorgestellt wurden, könnten aufgrund ihrer Herkunft, Thematik und Qualität am FIFF zu sehen sein. Bis es soweit ist, haben die Filme noch einen langen Weg vor sich: Zunächst müssen sie fertig produziert, dann ein internationaler Verleiher für sie gefunden werden und zu guter Letzt muss sich die Auswahlkommission des FIFF auch wirklich für sie entscheiden.
Das ist schon früher vorgekommen und das FIFF-Publikum konnte in Freiburg schon die folgenden Filme sehen, die im Rahmen von Final Cut in Venice präsentiert wurden:
- Le Challat de Tunis, Kaouther Ben Hania (Tunesien, Frankreich, 2013): gezeigt am FIFF 2016
- Zaineb n’aime pas la neige, Kaouther Ben Hania (Tunesien, Frankreich, 2016): gezeigt am FIFF 2018
- Ghost Hunting, Raed Andoni (Palästina, Frankreich, Schweiz, Katar, Italien, 2017): gezeigt am FIFF 2021